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Weil mein Auto meinte, den Geist aufgeben zu müssen, hatte ich eine Woche lang das wunderbare Vergnügen, in der vollbesetzten S-Bahn zur allerbesten Schulstartzeit durch die Gegend zu gondeln. Und was musste ich feststellen? Ich werde alt – ohne Untertitel verstehe ich kaum noch, was die heutige Jugend so von sich gibt. Ist das Jugendsprache oder was?
Und deshalb brauche ich eure Hilfe: Ich notiere hier einmal, was ich gehört habe und was mir bei der Online-Recherche dazu begegnet ist – allerdings ist das alles ganz und gar ohne Gewähr.
Es wäre richtig toll, wenn ihr mich hier ein wenig unterstützen könntet. Ihr kommt ja aus der Praxis, habt Kinder und Jugendliche direkt um euch herum und könnt mir hier vielleicht aufs sprichwörtliche Pferd helfen. Toll wäre, wenn wir gemeinsam eine richtig große Sammlung mit euren Erfahrungswerten zusammenstellen könnten.
Habibi: kommt aus dem Arabischen, bedeutet Schatz oder Liebling, kann aber auch als Synonym für „Bruder“ verwendet werden.
Digga: ursprünglich „Dicker“, scheint aber eine positive Ansprache zu sein, die nicht abschätzig, sondern eher freundschaftlich genutzt wird.
Sheesh: Ausdruck des Erstaunens, kann positiv, aber auch negativ gewertet werden. Gerne in Verbindung mit der Pose „Ice in my veins“. Diese Pose, bei der man simuliert, dass mit den Fingern der Blutdruck in der Armbeuge gefühlt wird, hat Ihren Ursprung bei amerikanischen Basketballern, die damit zeigen, wie „cool“, „abgebrüht“ sie sind.
Geringverdiener: bedeutet so viel wie Opfer, armes Würstchen, schwacher Mensch.
Baba: wenn etwas besonders gut ist, ist es baba (Türkisch/ Persisch für Papa). Angelehnt daran gibt es auch den Babo (Chef).
Ein Begriff, den nicht nur die Jugendlichen kennen, sondern auch unsere Großeltern, ist „akkurat“. Dieser wird gerne benutzt, wenn etwas „genau passt, richtig ist“.
Aus dem Englischen kommen die Begriffe „same (here)“, mit dem man Zustimmung signalisiert (in der Bedeutung von „das sehe ich genauso“ oder „bei mir ist es genauso“ und „Army“ (so nennen sich die Fans von Musikgruppen, etc.). Das Jugendwort Army kommt vermutlich von der südkoreanischen Band BTS, deren Fans sich als „BTS Army“ bezeichnen.
NGL ist die Abkürzung für „Not gonna lie“ und wird verwendet, wenn man sagen möchte, dass etwas „ungelogen“ ist, also der Wahrheit entspricht.
Wird etwas als „wild“ bezeichnet, ist es vergleichbar mit dem 80er-Jahre-Begriff „cool“, oder dem 90er-Jahre-Begriff „krass“.
Ist alles im Fluss und verläuft planmäßig, sagt man verkürzt „läuft“.
Auch das Medienverhalten führt zu kreativen Wordschöpfungen: „papatastisch“ ist eine Wortschöpfung, die vom Namen des vor allem auf Twitch (>1,6 Mio. Follower) und Youtube (> 0,6 Mio. Follower) erfolgreichen Gaming Experten Papaplatte (Kevin Teller) abgeleitet ist. Alles, was positiv besetzt ist, wird mit dem Begriff „papatastisch“ weiter aufgewertet.
Aus dem Gaming Hit „Among Us“ kommt der Begriff „sus“ für suspekt, also verdächtig.
Es sind aber nicht nur moderne Helden, die in die Jugendsprache Einzug halten. Auch die berühmte Romanfigur Sherlock Holmes wird von den Jugendlichen mit einer eigenen Wortschätzung geehrt. „No Shit Sherlock“ – ist die ironische Bestätigung einer offensichtlichen Äußerung, die ein vermeintlich besserwisserisches Gegenüber abgegeben hat.
Fancy bedeutet „schön, besonders“, ein Begriff, der auch Menschen beschreiben kann, die einenbesonderen „Drip“ haben – einen besonderen, positiven Style. Wie auch „Swag“ stammen diese Begriffe aus dem amerikanischen, wobei der „Swag“ eher Richtung „protzig“ tendiert.
Na, was sagt ihr? Liege ich mit meiner Übersetzung der Jugendsprache einigermaßen richtig?
Ich freue mich über eure Korrekturen und gerne auch Ergänzungen aus eurem Alltag.
… hier gibt’s noch eine kleine Vorschau:
Beim Schreiben des Textes hat mich das nun wieder in Mode gekommene Wort „akkurat“ dazu inspiriert, auch mal die alten Begriffe unter die Lupe zu nehmen. Sicher gibt es schöne alte Wörter und metaphorische Redensarten, die früher absolut gängig waren und heute gar nicht mehr genutzt werden. Dazu gibt’s dann demnächst einen weiteren Beitrag.
(29.03.2022/MT, DD)
Das ist ein sehr interessanter Beitrag, liebes ALS-Team. Zu diesem Thema kann ich gleich was beisteuern:
Als ich neulich zu meiner Tochter (13) sagte, dass ich etwas „nice“ finde, kam sofort das „Mööööp“-Geräusch, das mir anzeigte, dass ich mich hier eindeutig im falschen Modus befinde. „Nice ist sowas von oldschool, Mama, das sagt heute keiner mehr.“
Als ich dann beim nächsten Mal „fancy“ sagte, war das aber auch nicht gewünscht. „Das klingt so gewollt, wenn das alte Leute sagen.“ Ach, herzlichen Dank, Schätzchen, jetzt fühle ich mich mit meinen 36 Jahren tatsächlich alt.
Danke für den Schmunzler am Morgen, liebe Alexandra. Deine Formulierung „Möööp-Geräusch“ hat uns sehr erheitert und wir hatten direkt ein Bild vor Augen. In unserer Redaktion erlebt gerade das Oldschool-Wort „dufte“ ein Revival, vielleicht wäre das auch eine Alternative für dich? 🙂