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„Ihhh, eine Giftschlange. Mach die weeeeeeg!!!“ Der Schrei meiner Nichte lässt mich von der Sonnenliege hochschrecken.
Ein Blick in Lenas Richtung zeigt mir, dass keine Gefahr im Verzug ist, denn erstens befindet sich zwischen Kind und Tier ein dicker fetter Meter Sicherheitsabstand und zweitens handelt es sich bei dem schlängelnden Kerlchen keineswegs um eine Schlange, sondern um eine … doch halt, ich will nicht vorgreifen. Schön der Reihe nach. Blindschleiche
Dass es sich bei dem kupferfarbenen beinlosen Wesen in unserem Garten um eine Blindschleiche handelt, ist schnell klar. Und diese Klassifizierung zeigt auch, dass das Tier weder eine Schlange noch giftig ist.
Die Blindschleiche (Anguis fragilis) ist ein eher unscheinbarer Gartenbewohner, der oft übersehen wird. Durch den langen, schlanken Körper mit durchschnittlich 40–50 cm Länge, der sich schlängelnd vorwärtsbewegt, sieht sie zwar wie eine Schlange aus, ist jedoch eine beinlose Eidechse.
Wer die Blindschleiche eine Weile beobachtet, entdeckt doch ein paar Unterschiede zur Schlange. Sie bewegt sich langsamer als Schlangen und ihr Schlängeln wirkt steif und nicht so elegant. Auch ihre Augen sind anders, denn sie hat bewegliche, verschließbare Augenlider.
Das Züngeln beherrschen Blindschleichen zwar auch, aber sie müssen dazu das Maul leicht öffnen, denn anders als Schlangen haben sie keine Lücke in der Oberlippe. Und ihre scharfen, nach hinten gerichteten Zähne sind perfekt für ihren Lieblingssnack: Nacktschnecken! Gartenbesitzer feiern sie dafür, denn sie halten die Schleimspur-Party in Schach.
Unsere Blindschleiche wohnt sicher in unserem Garten, aber wo sind wohl ihre Lieblings-Spots? Weil sie es wild, dunkel und urig mag, fühlt sie sich unter Moos, Steinen, Wurzeln oder maroden Brettern superwohl. Besonders chillig findet sie es auf Waldlichtungen mit hohem Gras, Moorlandschaften und Brachflächen.
Und naturnahe Gärten ohne Chemiekeulen sind sowieso ihr Ding. Sie ist eine echte Weltenbummlerin und vielerorts anzutreffen: Ihr Lebensraum reicht von Großbritannien bis zum Ural, vom südlichen Schweden bis nach Italien und Griechenland.
Die Blindschleiche ist ein Morgen- und Abendmensch … äh, Eidechse. Am liebsten schnabuliert sie Nacktschnecken, aber auch RegenwĂĽrmer, Raupen, Heuschrecken und andere Insekten stehen auf ihrem Speiseplan. Dank dieser Diät ist sie der beste Freund des Gärtners. Trotz ihres friedlichen Naturells muss sie sich vor Mardern, Katzen, Greifvögeln und Igeln in Acht nehmen, denn die haben es auf sie abgesehen.
Jetzt wird’s spannend: Da die Blindschleiche zu den Reptilien zählt, wĂĽrden wir jetzt annehmen, dass sie – wie das fĂĽr Reptilien so ĂĽblich ist – Eier legt. Aber ätsch, die kleine Echse hat in Punkto Fortpflanzung ihren eigenen Kopf und ist lebendgebärend. Ja, echt: Statt Eier zu legen, entwickelt das Weibchen bis zu zehn Eier im Bauch.
Die Jungen schlüpfen schon als kleine Mini-Schleichen von etwa 10 cm Länge (süüüüüß) und sind sofort startklar. Im Winter chillen sie in frostfreien Erdlöchern und halten zusammen mit bis zu 30 Artgenossen Winterruhe. Im April kommen sie dann wieder heraus und sind bereit für neue Abenteuer.
Die Blindschleiche ist ein echter Öko-Held. Sie hilft, die Schneckenpopulation im Zaum zu halten und sorgt für gesunde Gärten. Für den Menschen ist sie absolut harmlos und friedlich. Doch auch wenn sie ein netter Zeitgenosse ist, hat es die Blindschleiche mit uns Menschen nicht immer leicht. Unser Hang zum Straßen- und Städtebau sorgt dafür, dass ihr Lebensraum immer kleiner wird.
Auch der Straßenverkehr ist ein echtes Risiko für diese Tiere, die sich gerne auf dem warmen Asphalt aufwärmen und dabei häufig überfahren werden. Auch intensive Landwirtschaft und Pestizide tun ihr nicht gut. Und so steht sie in Deutschland in einigen Bundesländern auf der Vorwarnliste, in Österreich nimmt ihre Zahl stark ab. Wir können helfen, indem wir ihre Lebensräume schützen und naturnahe, giftfreie Gärten anlegen.
Ein besonders cooles Feature der Blindschleiche ist ihr „Ich-bin-raus“-Move: Bei Gefahr wirft sie einfach ihren Schwanz ab. Der zappelt dann wild herum und lenkt den Feind ab, während die Blindschleiche sich in Sicherheit bringt. Keine Sorge, der Schwanz wächst wieder nach, auch wenn er anfangs etwas dunkler ist.
Und nein, blind ist die Blindschleiche nicht. Der Name kommt von „Blende“ und bezieht sich auf ihren glänzenden, bronzefarbenen Look. Außerdem wurde sie 2017 zum Reptil des Jahres gekürt – total verdient!
In Gefangenschaft können Blindschleichen über 50 Jahre alt werden. In freier Wildbahn sieht das wegen ihrer vielen Feinde allerdings anders aus. Trotzdem: Respekt vor dieser langlebigen Eidechse!
Die Blindschleiche rockt! Sie ist nicht nur nützlich und friedlich, sondern auch ein echter Hingucker im Garten. Mit ein bisschen Schutz und Aufmerksamkeit können wir dafür sorgen, dass sie noch lange ihre Rolle als natürlicher Schädlingsbekämpfer spielt.
(15.06.2024/DD)
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